Erklärung zur Gründung des „Zentralrat der Êzîden in Deutschland“ am 29.01.2017 in Bielefeld.

Der 29. Januar 2017 wird für die Êzîdeninnen und Êzîden in der Bundesrepublik Deutschland zu einem historischen Datum werden. Der „Zentralrat der Êzîden in Deutschland (ZÊD)“ wurde in Bielefeld gegründet. Die Êzîden sind seit nunmehr einem halben Jahrhundert in Deutschland ansässig und in der Gesellschaft integriert. Erstmals ist es gelungen sie in einem breiten Bündnis, von fast 80% der organisierten Vereine und Gruppierungen, unter einem Dach zu vereinen. Damit wurde ein deutliches Zeichen gesetzt, dass die Êzîden ihr eigenes Schicksal, noch mehr als bisher, in ihre eigenen Hände nehmen, mit einer Stimme sprechen und als Einheit in Deutschland, gegenüber der Regierung, Politik, Verwaltung und der Zivilgesellschaft für die eigenen Belange hier und in den Krisenregionen der Welt handeln und agieren wollen.

Nach der Gründungsversammlung können insbesondere folgende Grundaussagen festgehalten werden:
Der Zentralrat der Êzîden in Deutschland (ZÊD) vertritt die Interessen der êzîdischen Gemeinde in Deutschland gegenüber der Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung.
Er unterstützt die êzîdischen Vereine und Gemeinden bei der wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Ziele in Gegenwart und Zukunft.
Die Organe und Mitglieder des Zentralrats sind sich darin einig, der êzîdischen Gemeinschaft zu dienen, den interreligiösen Dialog zu pflegen und zu fördern und sich zum Wohle ihrer Gesellschaft einzusetzen. Ebenso verpflichtet sich der Zentralrat zur politischen Neutralität. Die Grundpfeiler des Zentralrates sind die êzîdischen Prinzipien Toleranz, Menschlichkeit und Solidarität sowie die Ablehnung jeglicher Art von Gewalt und jeden Aufruf zur Gewalt. Leitfaden des Zentralrates ist das deutsche Grundgesetz.
Der Zentralrat wird dabei u.a. von folgenden Aufgaben und Zielen geleitet:

  • Schutz der Religion, Kultur und der Symbole der Êzîdinnen und Êzîden;
  • Anerkennung der Völkermorde an den Êzîdinnen und Êzîden;
  • Hilfe für die Schutzsuchenden êzîdischen Flüchtlinge;
  • Mitgestaltung des Transformationsprozesses des Êzîdentums in der Diaspora;
  • Hilfe für den Wiederaufbau in den ezidischen Siedlungsgebieten, insbesondere die Shingalregion im Irak.;
  • Einsatz für die politische Partizipation der Êzîdinnen und Êzîden in Deutschland und in den traditionellen êzîdischen Siedlungsgebieten;
  • Transparenz der Arbeit gegenüber Mitgliedern und Externen

Bei der Gründungsversammlung in Bielefeld wurde der Vorstand mit Vertretern aus allen Herkunftsregionen besetzt.
Zum Vorsitzenden des ZÊD wurde Herr Dr. Irfan Ortac gewählt. Der Politologe erhielt im ersten Wahlgang, trotz zweier Gegenkandidaten, knapp 70% der Stimmen. Herr Dr. Saeed Saydo, Frau Zemfira Dlovani und Herr Ismet Brimu sind die stellvertretenden Vorsitzenden. Daneben gehören dem erweiterten Vorstand sowohl Vertreter  der irakischen, syrischen, türkischen als der auch kaukasischen Êzîden an. Der Vorstand besteht derzeit aus 14 Mitgliedern.
Der ZÊD wird die seit Jahren unermüdlich geführte Arbeit der êzîdischen Gemeinden und Vereine fortführen. Hierbei gilt der Dank an die Gemeinden und Vereine, insbesondere an den bisherigen „Zentralrat der Yeziden in Deutschland“ (ZYD). Sowohl dieser wie auch die Vereine und Gemeinden hatten in der großen Krise seit den fürchterlichen IS Angriffen auf die êzîdische Bevölkerung, durch ihre Arbeit, großen Anteil an Akzeptanz in der deutschen Politik, den Medien und der Bevölkerung.
Die bisher geleistete Arbeit, das erfolgreiche Zusammenwirken vieler Gemeinden und Vereinen soll nun weiter professionalisiert, auf breitere Füße gestellt und auf mehrere Schultern verteilt werden.
Die Gründungsvereine sind sich ihrer Verantwortung und der Komplexität ihrer Aufgaben sehr bewusst. Wir alle hoffen, dass sich bald auch die derzeit noch unentschlossenen Vereine zu einem Beitritt in den ZÊD entschließen und gemeinsam mit uns für die Rechte unseres êzîdischen Volkes streiten.
Der Genozid an den Êzîden am 03. August 2014 war leider nur einer von vielen in der Historie unseres Volkes. Die barbarischen Verbrechen haben die Erkenntnis in uns reifen lassen, gewappnet zu sein, für die vielen internationalen Unwägbarkeiten. „Wir wollen nie wieder Opfer sein, sondern egal wo, immer ein Leben mit denselben Rechten und Pflichten wie die anderen Teile der jeweiligen Bevölkerung führen“, so die einstimmige Haltung der Mitglieder. Diese Erkenntnis hat uns geeint, dieses gemeinsame Ziel gibt uns die Kraft für unser heutiges und zukünftiges Handeln.
Für die gute und gelungene Vorbereitung der Gründungsversammlung bedanken wir uns bei dem Gründungskomitee, allen Voran Serhat Ortac, Telim Tolan, Dr. Sefik Tagay, Aslan Kizilhan, Mejdin Kurt und Feremez Xeribo.


Die breite Unterstützung bei der Gründung des Zentralrats zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Bielefeld, den 01.02.2017
Der Vorstand

Zentralrat der Êzîden

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